Keine Polizei bei unseren Spielen!
Sonnenschein, 1200 Zuschauende und drei Punkte für die Guten – beinahe perfekt lief unser Derby am vergangenen Samstag. Getrübt wurde die gute Stimmung und die positive Erinnerung vieler Göttinger Fußballfans allerdings durch einen in vielerlei Hinsicht maßlos überzogenen Polizeieinsatz, der rund um unser Spiel stattfand.
In erster Linie kritisieren wir dabei, dass überhaupt eine Veranlassung gesehen wurde, die Fans von Göttingen 05 polizeilich zu begleiten – offenbar auch entgegen erster polizeiinterner Empfehlungen. Wir werten dies als eine haltlose und dreiste Attacke auf unsere ehrenamtliche Arbeit der vergangenen Jahre. Wir sind nicht nur eine Gruppe von Fußballfans, sondern ebenso ein vielfältig sozial, kulturell und politisch engagierter Verein. Anti-Diskrimierungs- und politische Bildungsarbeit gehören zu unseren Steckenpferden, zahlreiche Gruppen der städtischen demokratischen Öffentlichkeit zu unseren BündnispartnerInnen. Stellt dies neuerdings ein Bedrohungsszenario dar, das es rechtfertigt, unsere Vereinsräume und unsere Mitglieder unter polizeiliche Beobachtung zu stellen?
Zweitens können wir angesichts der Ausmaße des samstäglichen Polizeieinsatzes nur die Köpfe schütteln. Wir hätten uns sicher nicht zu Wort gemeldet, wenn am Samstag bloß ein Streifenwagen vorm Maschpark geparkt hätte. Die Göttinger Polizei hielt es allerdings offenbar für nötig, ein Aufgebot aufzufahren, wiees eher ab Regionalliga aufwärts zu erwarten wäre. Nach unserem Kenntnisstand waren mindestens 30 Beamte der in Göttingen wegen unverhältnismäßiger Gewaltanwendungen berüchtigten örtlichen Beweissicherungs- und Festnahmeeinheit (BFE) mit wenigstens fünf Mannschaftswagen anwesend. Hinzu kommen sechs BeamtInnen in Zivil, die sich im Stadion unter die ZuschauerInnen mischten. Wie uns zugetragen wurde, sollen einige dieser „verdeckten ErmittlerInnen“ bereits am Vorabend einige unserer Gäste am 05-Fanraum belästigt haben.
Erneut stellt sich uns die Frage: Wie wird ein Einsatz dieser Größenordnung gerechtfertigt? Welches Bild sollte von uns Fußballfans damit gezeichnet werden?
Drittens kam es, wie es kommen musste: Während sich die PolizistInnen zumindest im Stadion zurückhielten, schienen sie im Vor- und Nachgang des Spiels
an einer Eskalation des für uns ungewohnten Szenarios durchaus interessiert. BeamtInnen hielten sich seit den frühen Morgenstunden in unmittelbarer Nähe des 05-Fanraums auf und der für uns übliche Fußweg von dort in den Maschpark (Wegstrecke: rund ein Kilometer) wurde durch die BFE begleitet.Dabei wurden Filmaufnahmen der Teilnehmenden angefertigt und PolizistInnen gingen zum Teil im Spalier neben der Gruppe. Auf dem Rückweg wurden schließlich einzelne Fans gewaltsam von der Straße geschubst – ungeachtet der Tatsache, dass sich zum Beispiel auch Kinder in der Nähe befanden.
Jedes zweite Wochenende findet ein Heimspiel im Maschpark statt. Jedes zweite Wochenende treffen sich dabei Fans am 05-Fanraum, gehen gemeinsam
zum Stadion und unterstützen dort unser Team. Niemals ist es dabei zu irgendwelchen Vorkommnissen gekommen, die ein polizeiliches Eingreifen erfordert hätten. Die Göttinger Fanszene ist darüber hinaus für ihr vorbildliches Engagement für einen offenen und vielfältigen Fußball sowie für wirksame selbstregulatorische Mechanismen bekannt. Wir wehren uns deshalb gegen die anmaßende und abstrafende Vorverurteilung der Fans von Göttingen 05, wie sie im Rahmen des Stadt-Derbys am 06.10.18 stattgefunden hat, und erwarten, dass dies eine einmalige Ausnahme bleibt. Wir fordern: Keine Polizei bei unseren Spielen!