Infoabend zu antifaschistischer Fußballkultur

Am vergangenen Montag waren wir vom Ortsverband „Die Linke/Göttingen“ zu einem Infoabend über antifaschistische Fußballkultur geladen.
Hier der Bericht der Veranstalter*innen:

„Antifaschistische Fußballkultur

Bericht über die MV des OV Göttingen vom 4. April 2016

Ungewöhnliche Gäste hatte der SprecherInnenrat zur Ortsmitgliederversammlung am 4. April geladen: die Supporters Crew 05, gewissermaßen die Dachorganisation der antifaschistischen Fangruppen des 1. SC Göttingen 05. Bei diesem Treffen ging es freilich weniger um Spielergebnisse und Tabellenstände als vielmehr um antifaschistische und antirassistische Arbeit in der Fanszene von Fußballvereinen. Diese hat in Göttingen eine lange Geschichte, die zurückreicht auf den Anfang der 1990er Jahre, als Linke organisiert begannen, die Spiele der damals noch in der Oberliga Nord spielenden 05er zu besuchen. In dieser Zeit waren Fußballstadien für Linke fast noch vollständig No-Go-Areas. In Göttingen war die Fanszene Rekrutierungsfeld der faschistischen Freiheitlichen Deutschen Arbeiterpartei (FAP), einer Vorläuferstruktur der heutigen Kameradschaftsszene. Sukzessive konnte der Einfluß rechter Zusammenhänge aktiv zurückgedrängt werden, so daß antifaschistische Fangruppen bei 05 praktisch vollständige Hegemonie und Handlungsfreiheit bekommen haben. Daß dies keineswegs überall so ist, wurde an den Beispielen Eintracht Braunschweig und Alemannia Aachen sinnfällig dargestellt. Weiter kam das Engagement der Supporters Crew im Zusammenhang mit dem Gedächtnis an die Shoa und der Erforschung der jüdischen Vereinsgeschichte zur Sprache. Hierfür ist sie verdienterweise mit dem Julius-Hirsch-Preis des DFB ausgezeichnet worden.

In der Diskussion wurden etwa die für Nicht-Fußballfans keineswegs selbstverständliche Unterscheidung zwischen ‚Hooligans‘ und ‚Ultras‘ erläutert oder die Frage nach eventuellen rechten Einflüssen im heimischen Unterklassenfußball diskutiert. Nach Einschätzung der Supporters Crew 05 sind dort die jeweiligen Fanzusammenhänge viel zu klein und familiär mit Verein und Spielern verbunden, daß eine organisierte faschistische Agitation nicht lohnend wäre. Dies schließt freilich den Versuch der Hegemoniegewinnung durch Eindringen in Vereinsstrukturen überhaupt nicht aus. Man wird also auch auf Kreis- und Bezirksebene nicht darum herumkommen, die Augen offenzuhalten.

Insgesamt eine interessante und mutmachende Veranstaltung – Linke können gesellschaftliche Hegemonien gewinnen und müssen nicht immer nur Schläge kriegen! … und vielleicht der Beginn vertiefter Kontakte zwischen unserem Ortsverband und der 05-Fanszene. Hierfür muß man weder Fan des 1. SC Göttingen 05 sein noch Mitglied der Partei DIE LINKE. – Hierfür reicht praktisches wie theoretisches antifaschistisches Engagement.

Peter Strathmann“

Quelle: Die Linke/Ortsverband Göttingen